Moin,

jetzt ist es doch schon fast ein Jahr her, dass mein Schreibkollege Piet oder ich uns an dieser Stelle zu Wort gemeldet haben – und nichts ist mehr wie es war.
Kaum jemand hat wahrscheinlich diese Ausmaße geahnt, die dieses winzige, nicht sichtbare Virus weltweit mit sich gebracht hat.
Zwar sind zwischendurch wieder vermehrt Flugzeuge in der Luft gewesen – allein ein Blick auf den Reisesommer 2020 genügt. Doch stehen die meisten Stahlvögel mittlerweile wieder am Boden. Was das für die Preise bei Luftfrachtsendungen bedeutet, brauche ich wohl gar nicht zu erwähnen.
Denn eigentlich möchte ich heute lieber vom Himmel in Fuhlsbüttel auf den Hafen dieser wunderschönen Stadt schauen:

Als Seefracht-Importerin schlägt mein Herz besonders für die großen Containerschiffe, welche trotz Pandemie weiterhin den Weg in die Hansestadt finden. Nur mussten einige von ihnen dieser Tage ungewöhnlich lange auf ihre Ent- und Beladung warten. Auslöser waren streikende Handwerker einer Tochtergesellschaft der HHLA. Die sogenannten „Entstörer“ haben mächtig für Störung gesorgt.
Sie möchten laut diverser Nachrichtenportale lediglich gleiche Tarifbedingungen wie die HHLA-Mitarbeiter selbst. Inklusive Sondervergütungen für Wochenendarbeit beziehungsweise nur noch freiwillige Wochenendarbeit. Dazu kommt der Wunsch nach Arbeitszeitreduzierung auf 30 Wochenstunden. Es sei erwähnt, dass besagte Handwerker laut Medienberichten über ein Jahreseinkommen zwischen 85.000 und 100.000 Euro verfügen.

Gemäß HHLA belaufen sich die Gehaltsforderungen unter diesen Bedingungen auf bis zu 20 Prozent – und seien damit nicht nur utopisch, sondern auch wirtschaftlich nicht umsetzbar. Schließlich stehe die HHLA vor reichlich betrieblichen Veränderungen in den kommenden Jahren. Mehr Digitalisierung, mehr Flexibilität. Mit vermutlich weniger benötigten Arbeitskräften.

Die Fronten sind verhärtet. Der Ausgang ungewiss. Glaubt man den Gerüchten oder Medienberichten war beim dreitägigen Warnstreik sogar Sabotage im Spiel. Von geänderten Passwörtern der computergesteuerten Anlagen, herausgerissenen Kabeln einiger Kräne und Van Carrier sowie von verschlossenen Notausgängen und versteckten Schlüsseln war die Rede.

Auf ein persönliches Urteil verzichte ich an dieser Stelle. Dafür bin ich viel zu beschäftigt damit, die ganzen verspäteten Containertransporte neu zu organisieren und unsere Kunden über die missliche Situation im Hafen aufzuklären.

Bis dahin,

Katja Weituschat

 

 

von | Feb 7, 2021